RCH 155 (Remote Controlled Howitzer 155 mm) ist ein selbstfahrendes Artilleriegeschütz auf Rad im Kaliber 155 mm des deutschen Rüstungsunternehmens Krauss-Maffei Wegmann (KMW).
RCH 155 ist eine KMW-Weiterentwicklung der Panzerhaubitze 2000 und des Artilleriegeschützes Donar. RCH 155 besitzt das Fahrgestell des GTK Boxer, worauf das besatzungslose sogenannte Artillerie-Geschütz-Modul (AGM) gesetzt ist. Das AGM verfügt über die gleiche 155 mm/L52-Rohrwaffe wie die Panzerhaubitze 2000. Es kann auch auf einen Lastkraftwagen vom Typ Iveco 8×8 montiert werden.[1]
Die Besatzung besteht aus zwei Personen: Kommandant und Militärkraftfahrer. Die Besatzung ist gegen Beschuss aus schweren Maschinengewehren bis zu 14,5 mm sowie gegen Artilleriesplitter geschützt. Zudem besteht Schutz gegen Panzer- und Schützenabwehrminen.
Das System verfügt über eine (optionale) sekundäre Waffenstation, eine Nebelmittelwurfanlage sowie eine ABC-Schutz- und -Belüftungsanlage.
Die Kampfbeladung beträgt 30 Geschosse mit Zünder sowie 144 modulare Treibladungen. Die Zünderprogrammierung erfolgt induktiv während des Ladevorganges. Die Kadenz beträgt 9 Schuss pro Minute.
RCH 155 ist in der Lage, grundsätzlich alle 155-mm-Geschosse zu verschießen, die kompatibel sind mit dem Joint Ballistics Memorandum of Understanding der NATO.
Die Reichweite beträgt bis zu 40 Kilometer bei Base-Bleed-Geschossen, bis zu 54 Kilometer bei V-LAP-Geschossen und darüber hinaus etwa bei Vulcano und M982 Excalibur.
Die Betriebsart Multiple Rounds Simultaneous Impacts (MRSI) ist möglich. Dabei werden durch Rohrerhöhung und Anzahl der Treibladungsmodule die Flugbahnen und -zeiten der Geschosse so kombiniert, dass mehrere nacheinander abgefeuerte Schüsse nahezu zeitgleich das Ziel treffen, um die größtmögliche Wirkung zu erzielen, bevor der Gegner ausweichen kann.
Der Richtbereich des Geschützturmes beträgt 360 Grad (maximal bis zum 6. Treibladungsmodul) und die Rohrerhöhung −2,5 bis + 65 Grad (−45 bis 1150 Strich). Die Bodenfreiheit beträgt 0,5 Meter, der Wendekreis 21 Meter, die Kletterfähigkeit 0,7 Meter, die Grabenüberschreitfähigkeit 2,0 Meter, die maximale Wattiefe 1,2 Meter, die maximale Steigfähigkeit 60 Prozent und die höchste Querneigung 30 Prozent.[2] Motorisiert ist RCH 155 mit einem Dieselmotor des Typs V8 199TE20/21 des Unternehmens MTU Friedrichshafen. Die Bordspannung beträgt 24 Volt bei maximal 540 Ampere.[3]
Als erstes Artilleriegeschütz der Welt kann RCH 155 aus der Bewegung schießen.[4] Dies dient vor allem dazu, feindlichem Gegenartilleriefeuer zu entgehen, denn mit modernen Artillerieaufklärungsradaren wie COBRA können Feuerstellungen nach dem Schuss nahezu in Echtzeit aufgeklärt werden.
Zudem verfügt RCH 155 über die sogenannte Hunter-Killer-Fähigkeit, wozu sonst nur Kampf- und Schützenpanzer in der Lage sind. Dabei können Feuerauftrag und das Suchen des nächsten Zieles parallel ausgeführt werden. Bei der RCH 155 dient diese Fähigkeit der Selbstverteidigung, nicht dem eigentlichen artilleristischen Auftrag.[5]
RCH 155 ist hochautomatisiert und darauf ausgelegt, später ferngesteuert und besatzungslos zu fahren und zu schießen.
Am 17. September 2022 wurde bekannt, dass die deutsche Bundesregierung die Lieferung von 18 RCH 155 im Wert von 216 Millionen Euro an die ukrainischen Streitkräfte genehmigt hat. Die Haubitzen können jedoch erst in zweieinhalb Jahren ausgeliefert werden.[6]
RCH 155 ist neben dem Artilleriesystem Archer 8×8 des schwedischen Herstellers Bofors in der engeren Auswahl für die Nachfolge der M109 der Schweizer Armee. Hier kommt für RCH 155 neben dem GTK-Boxer-Fahrgestell auch der schweizerische Mowag Piranha 8×8 als Trägerplattform in Betracht.[7]
In der geplanten Struktur des Heeres der Bundeswehr, dem sogenannten Zielbild Einsatzkräfte Heer, sind drei Artilleriebataillone mit Rad vorgesehen, für die RCH 155 infrage kommt.[8]