Main Ground Combat System, kurz MGCS (dt. etwa: Hauptbodenkampfsystem), ist ein seit 2012 bestehendes deutsch-französisches Rüstungsprojekt zur Entwicklung eines Kampfpanzers, der im deutschen Heer als Leopard 3 ab etwa 2035 den Leopard 2 und bei den französischen Heeresstreitkräften den Leclerc ablösen soll. Deutschland wird in diesem Projekt die Führungsrolle, auch industrieseitig, übernehmen. Begleitet wird das Projekt vom Deutsch-Französischen Forschungsinstitut Saint-Louis (ISL).
Überwiegend beteiligt an dem Projekt ist neben dem deutschen Rüstungs- und Automobilkonzern Rheinmetall auch die KMW+Nexter Defense Systems (KNDS) mit Sitz in Amsterdam (Niederlande), eine Holding aus den im Frühjahr 2015 fusionierten Rüstungskonzernen Krauss-Maffei Wegmann (KMW) aus Deutschland und der staatlichen Nexter Systems aus Frankreich.
Die Rheinmetall 130-mm-Waffenanlage L/51 wäre konzeptionell für das neue Main Ground Combat System (MGCS) vorgesehen.[1] Diese wurde auf der Eurosatory 2016 vorgestellt, zusammen mit einem Demonstrator auf Basis eines Leopard 2A4 (MBT Advanced Technology Demonstrator).[2][3]
Auf der Eurosatory 2018 stellten KNDS einen Technologieträger unter dem Titel Euro Main Battle Tank (E-MBT) vor. Dieser basierte auf einem Leopard 2A7 mit dem Turm des Leclerc.[4] Dieses Schaustück deutete an, dass beide Panzer durch einen neuen Euro-Panzer abgelöst werden sollen.[5]
Am 19. Juni 2018 kurz nach der Rüstungsmesse Eurosatory in Paris unterzeichneten die deutsche Bundesministerin der Verteidigung Ursula von der Leyen und die französische Amtskollegin Florence Parly die Absichtserklärung zur Rüstungskooperation beim Main Ground Combat System (MGCS).[6] Das gemeinsame Abkommen wurde dann im April 2020 unterzeichnet. Deutschland und Frankreich teilen sich die Kosten zu je 50 Prozent, wobei das MGCS unter deutscher Führung entwickelt wird.[5] Kurz zuvor wurde eine zweijährige Studie in Auftrag gegeben.[5][7] Für den Technologiedemonstrator war 2019 eine ARGE (Arbeitsgemeinschaft) dreier Unternehmen (KMW, Nexter, Rheinmetall) nach deutschem Recht gegründet worden, und soll ab Mai 2020 in einer 18-monatigen Projektphase eine erste Architekturstudie bereitstellen („System Architecture Definition Study – Part 1 [SADS Part 1]“).[8]
Es wird erwartet, dass ab 2024 bis etwa 2028 aus den ersten Studien ein Gesamtsystemdemonstrator abgeleitet wird.[9] Ob der Leopard 2 hinreichend weiterentwickelt werden kann, ist dabei offen – über 30 Jahre alte Versionen des Leopard 2A4 hatten sich bei der türkischen Armee in der Schlacht um Al Bab 2017 als anfällig erwiesen, sowohl mit einer zu schwachen Panzerung des Unterbodens und der Seiten, die insbesondere modernen Lenkwaffen nicht widerstehen konnte.[10] Der Leopard war bei den letzten Beschaffungen in der Türkei auch nicht mehr erfolgreich.
Rheinmetall hat 2022 ein eigenes Konkurrenzfahrzeug zum MGCS vorgestellt, den KF51 Panther. Dieser basiert wie das MGCS auf der Wanne und dem Antriebsstrang des Leopard 2, allerdings erstreckt sich diese Übernahme dort auch auf den Turm. Anstelle der 130mm-Kanone L/51 soll das Rheinmetall Future Gun Combat System (130mm L/52) verbaut werden. Rheinmetall gab zur Begründung für die Vorstellung des Konkurrenzprodukts an, man habe auf die Entwicklung des MGCS nicht hinreichend Einfluss nehmen können. Der KF51 soll voraussichtlich 10 Jahre früher als das MGCS verfügbar werden und würde damit für diesen einen ernsthaften Wettbewerber darstellen.[11]
Ebenfalls im Jahr 2022 stellte KNDS unter der Abkürzung EMBT den Enhanced Main Battle Tank vor.[12][13]
Das MGCS steht in der Tradition einer langen Serie von Forschungsprojekten für gepanzerte Fahrzeuge der nächsten Generation. So haben die USA in ihrem Future Combat Systems auch den XM1202 Mounted Combat System mit einer 120-Millimeter-Kanone entwickelt. Varianten konzentrierten sich auf aktive Abwehr (XM1201 Reconnaissance and Surveillance Vehicle) und die Bekämpfung ohne Sichtkontakt (XM1204 Non-Line-of-Sight Mortar). Seit 2017 werden die Erfahrungen im Next-Generation Combat Vehicle Programm weitergeführt. Dabei konzentriert man sich auf leichte Infanteriepanzer, die mit vorausfahrenden unbemannten Kampfpanzern (Robotic Combat Vehicle) zusammenarbeiten, die gegnerische schwere Panzer bekämpfen können. Russland hat einen solchen Roboterpanzer mit dem Uran-9 schon in Dienst gestellt, zeigte dabei aber auf, dass mit der aktuellen Technologie noch kein befriedigendes Ergebnis erreicht werden konnte.
Entscheidend für die Form gepanzerter Fahrzeuge wird auch die Fortentwicklung der Abstandsaktiven Schutzmaßnahmen (APS) sein, die voraussichtlich in alle schweren Bodensysteme integriert werden müssen. Die Bundeswehr hat dazu ein Programm aufgelegt, das israelische Trophy in 17 Leopard 2 einzubauen. Die Erfahrungen nach 2023 werden dann auch die weiteren Anforderungen an das MGCS beeinflussen.